Sinn und Sinne

Glitzer – Musik! Musik!

Wo Musik ist, da lass dich nieder

Wie schon erwähnt, der Mai hat es in sich. Obwohl wir alles andere als Party-People sind, haben wir doch mehr Termine als in den letzten Monaten zusammen. Von Mai bis Oktober geht es in der näheren Umgebung rund, was Kultur unter freiem Himmel angeht. Wir müssen nicht suchen, sondern aussuchen, wo wir hingehen und zuhören und zusehen wollen. Die Nähe zu Würzburg mit einer der ältesten Musikhochschulen beschert uns ein unglaublich vielfältiges Angebot nicht nur in der Klassik und im Jazz.

Es scheint hier einfach eine Gegend für musikalische und kreative Menschen zu sein. Kitzingen selbst war in den sogenannten „Wild Times“, zur Zeit der amerikanischen Besetzung, legendär für seine zahlreichen Bands. Die damaligen Akteure sind zum Teil sogar noch in verschiedenen Gruppierungen aktiv – wenn auch nicht mehr ganz so jung und wild. Sie können aber durchaus noch ihr Publikum in Schwung bringen und haben sichtlich Spaß dabei.

Ihnen zu Ehren und mit ihrer Hilfe hat der Kulturverein sogar vor ein paar Jahren ein Wild Times -Festival und eine Ausstellung in der Rathaushalle auf die Beine gestellt. Ich war dabei und habe nicht schlecht gestaunt als Zugezogene, der sich Kitzi bisher als ein wenig weinselig im Dornröschenschlaf vor sich hindösendes  Museumsdörfchen präsentiert hat: Nett für Besucher, aber irgendwie auch im Gestern stecken geblieben, nicht eben innovativ und revolutionär. Überraschung! Manchmal lohnt es sich, mehrmals und intensiver hinzugucken…

Als Hochsensible Person, deren Arbeitsspeicher bei zu viel Input allzu schnell überläuft, habe ich es eh lieber etwas gemütlicher und das wird mit den Jahren eher noch offensichtlicher. Die eigenen wilden Zeiten sind überstanden, die Kompensationsfähigkeit geht dahin… Von daher passt es, dass ich meiner Liebe ins Fränkische gefolgt bin. Auch wenn ich immer noch nicht mein Glück in steten Wiederholungen und gleichmäßigem Schoppenpegel finden kann.

Musik am Main daheim

Zurück zum Thema: Musik, Musik im schönen, endlich wieder offiziell von allerlei Einschränkungen „freien“ Mai. Von unserer Begegnung mit dem „Blauen Eumel“ im Weinberg habe ich ja schon berichtet. Ganz nebenbei, auf unseren Abendspaziergängen, gelegentlich auf der „Jagd“ nach einem „Gelato“, spazieren wir über das ehemalige Gartenschaugelände, auf dem nun wieder in Höhe des Stadtbalkons der Brückenschoppen ausgeschenkt wird. Diese Aktion des Stadtmarketings in Zusammenarbeit mit wechselnden Winzern ist ein Anziehungspunkt, nicht nur für Touristen und Camper, sondern auch für viele Einheimische. Die verabreden sich hier mehr oder weniger regelmäßig, wobei es da auch so eine Art „harten Kern“ gibt.

Glücklicherweise engagiert sich hier außerdem ein Verein für den Erhalt und die Pflege des Geländes und sorgt für offen zugängliche musikalische Veranstaltungen. Ein Segen! Deshalb gehört auch das ein oder andere Scheinchen ins geblümte Riesenporzellan-Schweinchen, damit das so bleiben kann. Diesen Mai haben wir schon mindestens zweimal den Sonnenuntergang musikalisch umrahmt am Mainufer den Sonnenuntergang erlebt. Kleiner Urlaub per Pedes. Einfach so! Tut so gut!

Nachtmusik, dieses Jahr ganz frisch

Am Freitag waren wir dann mal offizieller unterwegs. Schon im Januar hat Jürgen Karten für das Mozartfest, dieses Mal wieder zur „Nachtmusik“ im Residenzgarten reserviert. Die Meininger Hofkapelle steht auf dem Programm. Wieder bangen wir wegen des tagsüber gar so unbeständigen Wetters. Und warm ist es auch nicht gerade. Ein gutes Stück unter zwanzig Grad. Und es geht erst um 21 Uhr los. Da muss der Daunenmantel und die Fleecedecke mit. Das Aufbrezeln ist dann sozusagen für die Katz. Jedenfalls, wenn man für die Schönheit nicht frieren will.

Sehleute

Wir parken lange vor der Einlasszeit schon auf dem Residenzparkplatz und können wunderbar den Betrieb beobachten. Insbesondere unsere oft seltsamen Mitmenschen. Die Einschränkungen der letzten Jahre haben sich nicht günstig auf die Sozialkompetenzen ausgewirkt. Soviel lässt sich ganz offensichtlich auch ohne abgeschlossenes Sozialwissenschaftsstudium konstatieren.

Doch wir sind gut gelaunt in der Vorfreude und weil wir auf der Webseite um 17:30 Uhr die Mitteilung gefunden haben, dass wir heute nicht in den Saal verlegt werden. Die Kunst auf die Ohren, das ist der eine Teil, das Gesamterlebnis mit Kulisse Residenz und Rosengarten, untermalt von geflügelten “Sängern” und dem ganzen lebendigen Drumrum, das ist viel, viel mehr.

Der Würzburger Hofgarten – nur für Gäste

Der Park ist schon am Nachmittag für Besucher und Durchläufer gesperrt worden wegen des Konzertes. Leider wurde auch der Blumenpark abgetrennt mit wenig hübschen Absperrungen, aber die sieht man nicht mehr, sobald man um die Ecke in den Rosengarten gegangen ist. Dort hat man die Rasenflächen mit Holzböden abgedeckt und darauf die – ja hallo, die sind ja neu! – Stühle angeordnet. Dennoch nehmen die hochgebildeten, aber nicht immer wohlerzogenen Musik-Konsumenten trotz Absperrbändern gerne lieber die Abkürzung über Rasen- und Beetflächen.

Gesehen, gewundert und an mir vorbeiziehen lassen. Heute will ich mich nur freuen.

Übrigens die Blumenstreifen um die Rasen- bzw. Rosenanpflanzungen herum sind nach den historischen Mustern gepflanzt.
Ob das noch jemandem auffällt?

Parkticketermäßigung – Nicht so einfach

Jürgen fragt noch, ob es für die Festteilnehmer eine Parkticket-Regelung gibt, früher haben wir schon immer bei der Einfahrt auf den Platz eine Karte zum Wiederausfahren bekommen. Also Jürgen fragt sich durch. Die sechste gefragte Person vom Mozartfest-Team kann den entscheidenden Hinweis geben. Am Ende muss er wieder vor das Tor. Hinter den Tagesticket-Häuschen am Brunnen gibt einen Stand, an dem man den Parkschein plus 4 Euro gegen ein Ausfahrticket umtauschen kann. Mit zwei Brezen in der Hand kommt er zurück. Wir können diese noch in aller Ruhe mümmeln und das Gewimmel im Park anschauen.

Nein, jetzt bitte nicht!

Einige Minuten vor Beginn des Konzerts schiebt sich eine dunkle Wolke über die Residenz hinweg. Die ist nicht ganz dicht! Es bleibt aber bei ein paar Tropfen. Die Bässe haben die Musiker rechtzeitig ins Trocken verfrachtet. Alles gut, da kommt nichts mehr nach. Kurze Einführungsrede von Frau Meining und es kann losgehen!

Musik erleben

Und schwupps, bin ich drin in der Musik!

Ja, ich nehme noch die Außengeräusche wahr. Entferntes Verkehrsrauschen, lautere Gespräche von Menschen, die draußen vorbeigehen, kommen gedämpft mit durch. Aber das ist weit weg. Irgendwann hat auch die letzte Amsel aufgehört zu zetern.
Und es wird still. So still, wie man es nie vermuten würde inmitten eines Publikums, das aus mehreren Hundert Menschen besteht. Sie sind genau so in der Musik wie ich anscheinend.

Was für ein tolles Gefühl! Auf diesem Platz, in diesem Park, so ein Spitzen-Orchester und ich mittendrin. Ich darf hier sein. Und einfach nur sitzen und zuhören! Glücksmomente. Ich lehne mich leicht an Jürgen, um das auszudrücken. So isses unglaublich gut!

Musikwissen? Nett um darüber zu reden, aber sonst?

Als Schülerin eines privaten Gymnasiums, auf dem in seinen Anfängen die hochwohlgeborenen Töchter finanzkräftiger und rechtgläubiger Bürger zum sogenannten Puddingabitur geführt wurden, um dann möglichst alsbald mittels standesgemäßer Heirat in ein sorgloses Leben zu starten, habe ich einige Jahre Musikunterricht, na ja, nicht wirklich genossen, aber mitbekommen.

Selbstverständlich habe ich ein Instrument (Ohrenfolter C-Flöte) gelernt und später noch Gitarre. Ja, man hat mir beigebracht, Partituren zu lesen und mich Orchesterbesetzungen lernen lassen. Und Musikgeschichte. Aber ich gebe zu: von diesen Fakten kann ich heute nichts mehr wiedergeben. Null. Nix für die gehobene Konversation. 

Heute genieße ich Musik. Da braucht es keine Analyse: die Wirkung spricht für sich. Und wenn es schräg rüberkommt, ist es hoffentlich künstlerische Absicht.

Keine Kritik

Über meine Unlust zum wissensstrotzenden Interpretieren und Beurteilen von Kunst aller Art habe ich ja schon mal im Zusammenhang mit Texten berichtet.  Also bekommt ihr hier keine kenntnisschleudernde Kritik nach allen Regeln der Kunst.

Nur so viel: Es war wunderbar! Alles andere könnt ihr von Profis in der Mainpost oder wo auch immer nachlesen.

Ich kann nur empfehlen: das muss man selbst erleben.

Meine Art zu erleben

So schön! Pures Glück. Mittendrin. Mitgeschwebt, mitgeschwungen. Das ist genial. Punkt.

Ich bin voller Dankbarkeit, das erleben zu können.

Nachklang

Und morgen bin ich müde und durch den Wind. Egal, das ist es wert.

Du fragst warum? Tja, das ist so in mir angelegt, intensives Erleben, dafür auch leicht mal Overflow. So eine Art Glücks-Kater, bis der Serotonin-Haushalt wieder ausbalanciert ist. Zwei Seiten einer Medaille: bekommt heute oft das Etikett „Hochsensibilität“. Das Etikett brauche ich nicht, aber es ist gut zu wissen, dass es da viele von gibt. Dass es keine Einbildung, Wichtigtuerei und schon gar keine Krankheit ist.

In meiner Erinnerung werden übrigens auch andere Wahrnehmungen haften bleiben. Die waren vermutlich deshalb so deutlich, weil mir jetzt jahrelang nur einzelne Menschen näher als einen Meter auf die Pelle gerückt sind und ich dazu noch einen Partikelfilter mit leicht muffigem Eigengeruch zwischen mir und der Umwelt über der Nase hatte. Der Geruch von Rasierwasser, Parfum, Leder, Schuhcreme und Waschmittel überweht von einem Hauch Pfefferminzkaugummi. Ob ich jetzt in die Parfumherstellung wechseln kann?

Und morgen gibt es das musikalische Kontrastprogramm: Stadtfest Kitzingen. Dröhnt schon heute bis nach Mitternacht kilometerweit durch die Nacht. Da schreibe ich nicht extra drüber. Eine Bratwurst haben wir gefuttert am Markt und zugehört mit Abstand. Gar nicht schlecht, aber zu laut. Dass gilt für alle Bühnen. 

Außer der Nachbarin mit auffällig aufgebretzeltem Teenie-Töchterchen sehe ich niemanden, den ich kenne. Das ändert sich auf dem Rückweg auf der anderen Mainseite. Da, wo es den Wein gibt. Bardomaniac gibt sich die Ehre. Na, das ist doch jetzt nett. Sonnenuntergangsmusik mit romantischer Kulisse im Restlicht. Und schon entdecken wir den eine oder anderen bekannten Schopf. Sozusagen die Seniorenecke. 

Au weia.

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