MoniSophie’s Welt – Hochsensibel oder was?
Hochsensibilität – Eine Modeerscheinung?
Schon wieder so ein Wort. Das taucht an allen Ecken und Kanten auf. Hochsensibel, klar. Sind wir das nicht alle?
Wer will sich schon das Etikett „grober Klotz“ oder „total normal“ anhängen.
Wir sind alle besonders. Und liebenswert.
Wollen aber auch gerne zu einer speziellen Gruppe gehören.
Wenn wir schon keine gefeierten Hochleistungsstars mit Sonderbegabung sein können,
dann doch bitte aus irgendeinem anderen Grund.
Der möglichst nicht weh tut.
Und der die Chance einer Sonderbehandlung oder zumindest gesteigerter Aufmerksamkeit birgt.
Anders sein – lieber nicht
Dem gegenüber stehen die Vielen, die ihre Besonderheit lieber gerne verstecken.
Um nicht ausgelacht zu werden. Oder ausgeschlossen. Oder bedauert.
Eine ganz schwierige Sache.
Alles Einbildung?
Bei mir hat es sehr lange gedauert, bis ich mich freiwillig als „Hochsensible Person“ erkannt habe.
Vielmehr bis ich gelernt habe, dass es tatsächlich Menschen gibt, deren Aufnahme-Filter sehr viel durchlässiger sind,
als die von den meisten anderen.
Hochsensibel. Blödes Wort. Allerdings ist das kein Blödsinn.
Da steckt tatsächlich eine biologische Variante drin. Eine andere Grundausstattung.
Dann tu doch was dagegen!
Anders als beim Sport, lässt sich hier auch mit Willenskraft, Abhärtung und Ausdauer nicht so arg viel ändern.
Ebenso wenig wie daran, als Erwachsener eine bestimmte Körpergröße zu haben.
Den Umgang damit, den könnten wir schon ändern. Und zwar von beiden Seiten.
Anders sein = Opfer sein?
Anders sein, das kann in so vielen Bereichen eine Rolle spielen.
Manchmal reicht es, eine Frau zu sein.
Aus einem anderen Ort oder Land zu kommen.
Größer, kleiner, breiter, krummer…
Egal wie die Abweichung ist.
Es führt zum Begaffen oder zum Ausgeschlossen sein.
Oder zu kopfschüttelndem Unverständnis.
Das tut alles weh. Macht hilflos, traurig und manchmal wütend.
Denn ein menschliches Grundbedürfnis ist die Zugehörigkeit.
Wir sind soziale Wesen.
Zu hohe Ansprüche?
Viele „Andere“ haben bei uns keine Lust mehr, sich den Mehrheiten unterzuordnen.
Sie möchten sein dürfen, wie sie sind.
Nein, das ist noch nicht undemokratisch. Demokratie und demokratisches Handeln hat mehr mit dem Weg einer Entscheidungsfindung als mit der schieren Macht von Mehrheiten zu tun.
Aber da nehmen wir gerne die Abkürzung. Das ist einfacher zu handhaben. Einfacher zu vermitteln. Einfacher umzusetzen.
Bei uns haben wir demokratische und Menschenrechte. Den Schutz von Minderheiten.
“Ein Luxus” sagen die einen, die gerade nicht dazu gehören und sich ausgebremst fühlen.
“Überlebensnotwendig”. “Grundlage für mehr Chancengleichheit”, verteidigen sich die anderen.
Beides. Es kommt darauf an…
Anders – Wem nutzt es?
Ob aus der Not oder teils aufgrund von Aufmerksamkeitsstreben oder sogar, weil sich daraus ein gutes Geschäft bauen lässt, kippt die Sache gelegentlich in verschiedenen Bereichen mit großem Schwung über Ziele hinaus.
Die Überbetonung von Eigenschaften, Fähigkeiten, Geschichte, Erfahrungen, Weltanschauungen, Überzeugungen ist für eine kurze Zeit manchmal hilfreich, um auf Ungleichgewichte und Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen. Aber höchstens dafür sinnvoll, und das nur vielleicht.
Am Ende sollte ein stabileres Gleichgewicht entstehen.
Umkehr der Positionen?
Anders sein reserviert mir keine Wolke, auf die ich mich setze,
- damit keiner mehr etwas von mir fordert,
- auf der mir Privilegien zustehen und
- von der ich göttliche Blitze herab schleudern kann,
auf die übrigen Erdlinge, die „Normalen“.
Andersartigkeit – Nutzen oder besser schweigen, mit welchem Ziel?
Das ist wirklich ein Dilemma: rede ich darüber, „oute“ ich mich (stehe ich dazu) oder nicht?
Was bekommt mir, aber auch den anderen besser? Wie lässt sich wirklich etwas ändern?
Eigentlich dürfte das kein Problem sein. Jede gehört mal zu den anderen.
Miteinander statt gegeneinander – wäre schon schön…
Für sich und weitere Menschen und ihre Rechte und Bedürfnisse einzustehen ist von Natur aus nicht einfach.
Es wird so leicht ein Bumerang daraus.
Ich wünsche mir, dass alle lernen, den anderen einmal zuzuhören, sich in die Lage einzufühlen.
Lernen, dass nicht alle gleich sind.
Lernen, dass man durch Niederbrüllen oder Niederwalzen kraft Mehrheit oder Lautstärke nicht unbedingt eine friedliche Weiterentwicklung des Miteinanderlebens entwickeln kann.
Klar, Argumente überzeugen nicht immer. Eine gewisse Beharrlichkeit und Präsenz und Einigkeit hilft schon.
Mein Weg wäre der langsame, der nachhaltigere, der Überzeugungsweg.
Dummerweise braucht der Zeit.
Die sich kaum mehr eine nehmen möchte.
Da bliebe noch das Spielerische, der Weg der Neugier, der Beteiligung, des Miterlebens.
Auch das braucht Mut. Um etwas zu bitten, ohne zu fordern, zu erpressen oder zu betteln.
Guck mal, das ist meine Welt
Mit meinen Textbeiträgen nicht nur speziell zum Thema Hochsensibilität möchte ich möglichst vielen Menschen die Tür zu sich und anderen öffnen, einen Spiegel zeigen. Ich möchte sie miterleben lassen, wie sich diese Veranlagung und auch andere Besonderheiten in ganz alltäglichen Dingen und Wahrnehmungen auswirken können.
Denn auch Hochsensibilität erlebt nicht jede gleich. Zeigen und erlebbar machen, wo man Hochsensibilität überall zu spüren bekommt, als Betroffene oder sollte ich sagen als damit Beschenkte?
Und bitte, lasst die Schublade offen!
Keine Neuerfindung
Neu ist diese Beobachtung, dass ein Teil der Menschen „empfindlicher“ auf Sinneswahrnehmungen reagiert, nicht.
Es gibt längst Archetypen (Darstellungen von Eigenschaftsmustern) in Märchen oder anderen Erzählungen.
Die haben sich prima gehalten.
Alle benutzen einzelne Sätze aus diesem Volkswissen – meist zur Herabwürdigung oder Beschwichtigung. Schade eigentlich.
- Das Gras wachsen hören.
- Die Flöhe husten hören.
- Prinzessin auf der Erbse.
- …
Echt jetzt, die Erbse spüre ich sicher nicht durch einen Stapel Matratzen. –
Gut, ich bin ja auch keine Prinzessin. Jedenfalls weiß ich nichts davon.
Übersetzung in heutiges Erleben: es tut weh
Aber verkrümpfeltes Bettzeug oder dicke Nähte oder raue Fasern –
die können schon ordentlich nerven und sogar scheuern,
oft nicht nur störend, sondern bis zur blutigen Verletzung.
Ähnlich unangenehm verstärkte Wahrnehmungen und Reaktionen gelten auch für alle anderen Sinne.
Licht – die leuchtstarken Xenon-Lichter für eine verbesserte Sicherheit beim Autofahren –
als Gegenlicht schmerzen und blenden sie mich brutal.
Gerüche aller Art, Zigarettenrauch, Abgase, Rauch, Frittenfett, Aroma, Parfümwolken,
selbst wenn gut gemeint: krass! Voll übel!
Lautsprecher auf Veranstaltungen oder im Kino, tickende Uhren, quietschende Züge
erzeugen Kopfweh, manchmal sogar Übelkeit.
Der Geräuschpegel in einem Bahnhof, einer Halle, auf belebten Plätzen, an vielbefahrenen Straßen –
treibt den Adrenalinpegel rasant nach oben.
Das alles hat zur Folge, dass ich den Fluchtreflex ständig unter Kontrolle bringen muss.
Was für ein Energieaufwand!
Warum?
Warum erzeugen wir von all dem zu viel?
Warum übertönen, überstrahlen, überduften, überdröhnen wir alles um uns herum?
Für mich als Hochsensible ist das vollkommen unverständlich. Überflüssig. Abstumpfung.
Und schon wieder fühle ich mich verkehrt. Ich muss dann irgendwann da weg.
Und schwupps, gibt es eine neue “Auszeichnung”: Sonderling. Mimose. Unsozial. Elitär….
Welchen Nutzen diese “Gabe” für alle in der Gemeinschaft haben könnte?
Mein Körpersystem ist eine Art empfindsames Frühwarnsystem. Bei Leittieren wäre das eine Vorzugs-Eigenschaft.
Gut für die Herde. Sie kann daran sehen, was ihr einige Zeit später passiert, Gefahren aus dem Weg gehen.
Weglassen, was ihr trotz augenscheinlich besserer „Resilienz“ (“Nur die Harten kommen in den Garten”) nicht gut tut.
Meine “Herde” schert sich leider meist wenig darum. Sie kann nichts dafür. Sie nimmt es einfach nicht wahr. Noch nicht.
Dafür muss es dicker kommen. Dabei würde es ihr auch guttun, frühzeitig den „Input“ zu drosseln.
Stattdessen erzeugt das alles eher einen Trance- oder Rauschzustand – und überrollt alle Warn-Grenzen.
Ein Märchen?
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